Tod, Trauer, Trauerrituale. Darum geht es in der neuen Folge meines Podcasts Momentgestalter. Zugegeben, kein leichtes Thema. Aber mit Marcel Redling habe ich den richtigen Gesprächspartner gefunden. Er ist Freier Theologe, Freier Redner, Pastor und Sozialarbeiter im Gefängnis. Herausgekommen sind fast anderthalb Stunden echter deep talk. Die eigene Konfrontation mit dem Tod in jungen Jahren, die ersten Beerdigungen, schwierige Familienaufstellungen, die Kraft von Gebeten und Abschiedworten und warum ein externer Redner helfen kann, ganz gleich ob geistlicher oder weltlicher Redner.
Was löst der Tod in uns aus und warum sollten wir Trauer zulassen? Welche Rituale helfen und wie können Kinder mit Verlusten umgehen lernen? Können wir von anderen Kulturen lernen und welchen Stellenwert hat Tod in unserer Gesellschaft? Diesen schweren Fragen gehen Marcel und ich auf den Grund, trotzdem wird auch zwischendurch gelacht. Wir erzählen beide aus unserer Berufspraxis, es wird persönlich und am Ende steht die Frage: „Wie soll dein Abschied aussehen?“
Tod und Trauer sind Themen, die die meisten von uns ausklammern. Weil es so etwas Endgültiges hat, weil es nicht in unsere Lifestyle-Gesellschaft passt, weil wir kaum etwas davon wissen. Außer vielleicht, dass es immer traurig ist. Und wer will sich damit schon belasten? Marcel Redling erzählt von seiner ersten Konfrontation mit dem Tod. Im Alter von 23 Jahren hat er seinen Vater verloren. Eine Zäsur für die gesamte Familie. Bis er seine erste eigene Trauerfeier als Pastor gestalten durfte (oder musste), vergingen etliche Jahre.
Ob Gottesdienst oder weltliche Trauerfeier – beide haben vieles gemein und sollen den Angehörigen und Zugehörigen helfen mit dem Abschied umzugehen. In einer Rede, die das Leben würdigt, den Verstorbenen ehrt, aber auch manche Baustellen des Lebens aufarbeitet. Beide Trauerredner sind sich einig: Eine Trauerfeier soll Familien und Freunden Halt und Orientierung geben – ein Punkt, der häufig unterschätzt wird. „Rituale helfen Struktur zu geben, können sinnstiftend und identitätsstiftend sein“, sagt Marcel Redling. Gerade in einer Zeit, in der viele Rituale verloren gingen. Früher war es üblich, dass Menschen Zuhause im Kreis der Familie sterben, heute sterben die meisten Menschen im Krankenhaus oder anderen Einrichtungen, Bestatter und Trauerredner übernehmen die erste seelsorgerische Versorgung.
Als Trauerredner sind wir beide fast täglich mit dem Tod in all seinen Ausprägungen konfrontiert: komplexe Familienaufstellungen, Biografien voller Brüche, Gewalt und herzzerreißende Geschichten. Um dabei die richtigen Worte zu finden, braucht es einen professionellen Redner. Gerade der Blick des Externen ist hier von Vorteil. Angehörigen können im Gespräch ihre Trauer teilen, durch das Trauergespräch werden sie zu schönen Erinnerungen geführt, die in der akuten Trauerphase in Vergessenheit zu geraten scheinen. Viele Familien bestätigen mir, dass allein das Gespräch ihnen Kraft gegeben hat. Und das soll auch die Trauerfeier oder besser: Lebensfeier. Unsere Abschiedsworte sollen Kraft und Mut spenden, auch ein Gebet gibt vielen Halt. Es ist aber auch der erste Schritt zum Loslassen, der Start eines neuen Weges.
Grabschmuck so bunt wie das Leben in Form eines Regenbogens.
Der Blick auf den Tod unterliegt genauso wie die Trauerkultur dem Wandel. Wo früher ein Jahr lang Schwarz getragen wurde als äußeres Zeichen der Trauer, finden sich heute schon in der Trauerfeier bunte Farben. Der Leichenschmaus und das Kaffeetrinken im Anschluss an die Trauerfeier werden weniger, dafür kommen neue Rituale hinzu. Aus der Trauerfeier wird die Abschieds- oder Lebensfeier. Eine Feier auf das Leben aus Dankbarkeit – auch ein Learning aus anderen Kulturen, die mit dem Tod ganz anders umgehen als hierzulande. Und auch Kinder bekommen die Chance, sich zu verabschieden – vom Bemalen des Sarges bis hin zur konkreten Ansprache. Ein für uns als Freie Redner in Leipzig, Darmstadt und überall wichtiger Aspekt: Wie integriere ich Kinder in die Lebensfeier und wie gelingt eine altersgerechte Ansprache ohne den Schmerz zu vergrößern.
Unser Plädoyer als Trauerredner: Jeder sollte aus der Trauerfeier etwas ganz Konkretes mit nach Hause nehmen. Das ist trotz Digitalisierung, Online-Trauerportalen und Chatbots auch das Plädoyer von Marcel Redling: Echte Trauerrituale können digitale Formate nicht ersetzen, auch wenn sie ein hilfreiches Tool sein können. Wenn zum Beispiel die Trauerfeier gestreamt wird, um Menschen aus anderen Ländern teilhaben zu lassen.
Bleibt nur noch die Frage: Haben Marcel und ich – beide Familienväter in der Mitte der 40er Jahre – schon mal selbst über ihren Abschied nachgedacht? Haben wir und auch schon eine kleine Playlist nebst Abschiedsgruß.
Vielleicht habt ihr Lust mal reinzuhören: www.momentgestalter.de
Dort gibt es auch andere Themen (unter anderem rund um Heiraten und Freie Trauung), aber immer mit Menschen, die besondere Momente prägen. Und der nächste Podcast ist schon in Planung. Wenn du Ideen hast für Themen oder Menschen, mit denen ich mal sprechen sollte, schreib mir gerne!
Begleitet mich auf die größte Abenteuerreise – das Leben. Mit Humor und Tiefsinn. Ich erzähle – manchmal auch mit Gästen – von großen Festen wie Hochzeit, Taufe und natürlich auch Abschied. Die Trauerfeier, letzte Fest eines Menschen auf Erden. Bei all diesen Lebensereignissen spreche ich als freier Redner – als Wunschredner.
Und alle dieser Feierlichkeiten haben eines gemeinsam: Es geht um Leben, Lieben, Lachen.
Ja, auch bei der Trauerfeier darf geschmunzelt werden. Und auch Episoden aus dem Familienleben bleiben nicht verborgen. Von der Erdbestattung eines Regenwurms bis zur Verwandlung von Wasser in Eis.
