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20. Januar 2022

Bestattung mit Humor – geht das?

Bestattung mit Humor – darf man das? Für mich als Trauerredner ist es keine Frage des Ob, sondern des Wie. Mit Fingerspitzengefühl und Intellekt kann ein Schmunzeln helfen, ein wohl eingesetztes Aperçu mitten in der Trauer ein Lächeln hervorzaubern und so aus der Trauerfeier eine Lebensfeier machen. Denn wir erinnern und feiern das Leben, nicht den Tod. Aber genauso wichtig ist es mir: Es muss zum Verstorbenen passen.
Bestattung mit Humor – geht das?

Humor hilft heilen – Humor hilft Unfassbares auszusprechen

Irgendwann schreibe ich mal ein Buch über Bestattung mit Humor. Denn Humor gibt es auch auf dem Friedhof. Und der ist nicht brachial, sondern fein und wohl dosiert. Mitunter schwarz, aber immer das Leben huldigend. Als ich vor einigen Jahren als Trauerredner anfing, habe ich gedacht, mit mir stimmt etwas nicht. Denn ich war überhaupt nicht traurig. Ich hatte die Rede tagelang hin- und hergeschoben, gefeilt, verbessert, perfektioniert. Und ich war voller Vorfreude (zugegeben: Lampenfieber inklusive). Und da stand ich nun auf dem Friedhof mit wackligen Knien, die Trauergesellschaft im Anmarsch. Ich, der Fixpunkt. Und dann fiel dieser Satz, der mich durch die Trauerfeier getragen hat: “So wie Sie strahlen, kann es nur gut werden.” In der Trauerfeier selbst musste ich dafür mehrmals schlucken, einmal kurz einen Schluck trinken, denn ich war so ergriffen von der Lebensgeschichte, obwohl ich diese in- und auswendig kannte. Doch ich habe mit meiner Art zu sprechen, das Leben Revue passieren zu lassen wohl eine Atmosphäre geschaffen, die alle mitgerissen hat. Die diesen traurigen, grauen Tag etwas bunter gemacht hat. Und als die Witwe bei Udo Lindenbergs “Hinterm Horizont” den Daumen nach oben streckte, habe ich verstanden: es soll lauter werden. Nicht andächtig, nein: wir feiern das Leben.

Eine gute Trauerrede feiert das Leben

Nach hunderten Trauergesprächen und Trauerfeiern weiß ich: Eine gute Trauerrede ist nicht traurig. Der Anlass ist traurig, aber wir feiern würdevoll heute das Leben. Mit Höhen und Tiefen, Erfolgen und Niederlagen, Chancen und Herausforderungen. Aber nicht argwöhnisch, wir machen keine Rechnung auf (auch wenn vielleicht nicht alles geklärt ist), wir wollen einfach Tschüss sagen. Ein festlicher Abschied fern der Lobhudelei und eines staatstragenden Begräbnisses. Einfach noch einmal danke sagen für die gemeinsame Zeit. Und auch wenn es so selbstverständlich klingt, so einfach ist das gar nicht. Denn eine Beerdigung ist eine emotionale Ausnahmesituation. Es ist nicht das Tschüss, dass wir x-mal vorher gesagt haben, es ist ein Adieu. Es sind Worte, die bleiben, auch wenn sie längst verhallt sind. Und daher ist es mir wichtig, die richtigen Worte zu finden. Worte, die genau auf den Menschen zutreffen, den wir heute verabschieden.

Trauervers von Eugen Roth

Eine gute Trauerrede lässt die Zuhörer Schmunzeln und Nachdenken, gibt ihnen eine Botschaft mit auf den Weg. Und sie erkennen darin auch den Verstorbenen wieder. Als ich jüngst einen Bewunderer des Lyrikers Eugen Roth verabschieden durfte, bin ich logischerweise mit einem Vers des Dichters eingestiegen. Und der rhetorischen Frage, was hätte der Verstorbene heute wohl gesagt? Vermutlich hätte er – wie so oft – seinen Lieblingsdichter zitiert mit den Worten:

„Ein Mensch sieht ein, dass wer, der stirbt,
den andern nur den Tag verdirbt,
an dem, den Freunden zum Verdruss,
er halt beerdigt werden muss.“

Und schon bei den ersten Zeilen habe ich allen Trauergästen ein Schmunzeln entlockt, sie dann mitgenommen auf eine Zeitreise durch das Leben. Durch ein beeindruckendes Leben mit ganz verschiedenen Spuren. Und auch wenn alle Anwesenden den Verstorbenen viel besser kannten als ich, ich habe es geschafft in den 30 Minuten, die mir auf dem Südfriedhof Leipzig zur Verfügung standen, einen Menschen zu charakterisieren, mit Worten zu zeichnen, eine Erinnerung zu schaffen, Dankbarkeit auszudrücken und auch die Lücke anzusprechen, die sein Tod reißt. Denn auch in einer Bestattung mit Humor wird der Verlust eines Menschen niemals verharmlost. Bei der anschließenden Beisetzung im Kolumbarium – ein emotionaler Höhepunkt – habe ich den Bogen zu Joachim Ringelnatz gespannt, was dem Lyrik-Liebhaber sicher gefallen hätte.

 

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Wunschredner – Leben. Lieben. Lachen.

Begleitet mich auf die größte Abenteuerreise – das Leben. Mit Humor und Tiefsinn. Ich erzähle – manchmal auch mit Gästen – von großen Festen wie Hochzeit, Taufe und natürlich auch Abschied. Die Trauerfeier, letzte Fest eines Menschen auf Erden. Bei all diesen Lebensereignissen spreche ich als freier Redner – als Wunschredner.

Und alle dieser Feierlichkeiten haben eines gemeinsam: Es geht um Leben, Lieben, Lachen.

Ja, auch bei der Trauerfeier darf geschmunzelt werden. Und auch Episoden aus dem Familienleben bleiben nicht verborgen. Von der Erdbestattung eines Regenwurms bis zur Verwandlung von Wasser in Eis.

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