Ein Leben für die Medizin – ein Leben für die Familie. Beides hat er auf bemerkenswerte Weise in Einklang gebracht. Im OP-Saal wie Zuhause hat er 100 Prozent gegeben. Hochgeschätzter Mediziner, Familienoberhaupt, Vater und Großvater. Aber auch begeisterter Autofahrer, wertvoller Gesprächspartner und guter Unterhalter. Und all diese Facetten spiegeln meine Trauerrede wider. Die Familie war mit meiner Arbeit zufrieden – sie kam durch eine Empfehlung zu mir als Trauerredner.
Abschied ist immer schwierig, in Corona-Zeiten wiegt Trauer noch schwerer. Denn die Zahl der Trauergäste ist bei Trauerfeiern auf Friedhöfen, in Kirchen und in Trauerhallen begrenzt. Natürlich hätten auch die Verstorbenen – gerade jetzt – ein großes Geleit verdient, dass noch einmal alle zusammenkommen und Tschüss sagen. Mit Worten, Gesten, Blumen, einem stillen Gruß. Doch es geht nicht. In den zurückliegenden Wochen habe ich auch gemerkt: Je kleiner der Kreis der Trauergemeinde, desto stärker wirken Worte. Und manche haben mir auch bescheinigt, dass diese Intimität Vorteile hat. Man ist unter sich und kann sich auf sich fokussieren, muss nicht auf andere schauen. Natürlich können auch Trauerfeiern per Video übertragen oder aufgezeichnet werden oder die Trauerrede gibt es anschließend als gebundene Wunschrede zum Nachlesen oder als CD zum Nachhören. Es gibt viele Möglichkeiten einer Trauerfeier ohne Kirche (hier der Beitrag des Deutschlandfunkes zum Nachhören).
Die intensive Vorbereitung der Trauerrede und Begleitung während der Trauerfeier hat sich für mich auch in Corona-Zeiten nicht geändert. Auf Wunsch gibt es nach wie vor Hausbesuche, aber auch über Telefon und Video sind Trauergespräche gut möglich. Trotzdem: Es sind bewegte und bewegende Zeiten. Umso mehr freut es mich, wenn sich Angehörige ein paar Minuten Zeit für einen persönlichen Kommentar in meinem Gästebuch nehmen:
“Eine Empfehlung führte uns zu Herrn Dr. Höhn, der zur Beisetzung meines Vaters eine einfühlsame Rede vorgetragen hat, die uns den traurigen Anlass der durch Corona zudem eingeschränkten Zusammenkunft beinahe vergessen ließ. Er hat es verstanden , das Leben meines Vaters mit mehr als nur einem Augenzwinkern und kleinen Anekdoten Revue passieren zu lassen, dass auch der letzte Zuhörer zutiefst berührt wurde. Bei ihm stand der Mensch tatsächlich im Mittelpunkt seiner Ausführungen. Diese gekonnte Zusammenfassung eines erfüllten Lebens hätte auch meinem Vater sehr gefallen. Absolute Empfehlung !!!”
Ich denke mir oft, wie wohl der Verstorbene meine Worte und mein Handeln empfunden hätte. Und was er gewollt hätte, dass ich seiner Familie und seinen Freunden mit auf den Weg gebe. Mein Leitgedanke ist dabei immer: Der Trauer Raum geben, aber sie soll nicht raumerfüllend sein. Vielmehr möchte ich durch die Kraft der Worte, mit Musik und mit meinem Handeln Trost, Mut und Zuversicht spenden. Ich möchte eine Botschaft aussenden, die in Gedanken bleibt. Das kann ganz pragmatisch ein Satz des Verstorbenen als Ausgangspunkt sein oder auch – so wie im Fall des Mediziners – ein Aphorismus. Denn er hat sich viel abverlangt, war stolz auf seine Kinder und Enkel, die voranstrebten statt sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben. Bei dieser Trauerrede habe ich den Astrophysiker Stephen Hawking zitiert, der am selben Tag 79 Jahre alt geworden wäre. “Der größte Feind des Wissens ist nicht Ignoranz, sondern die Illusion, wissend zu sein.”
Begleitet mich auf die größte Abenteuerreise – das Leben. Mit Humor und Tiefsinn. Ich erzähle – manchmal auch mit Gästen – von großen Festen wie Hochzeit, Taufe und natürlich auch Abschied. Die Trauerfeier, letzte Fest eines Menschen auf Erden. Bei all diesen Lebensereignissen spreche ich als freier Redner – als Wunschredner.
Und alle dieser Feierlichkeiten haben eines gemeinsam: Es geht um Leben, Lieben, Lachen.
Ja, auch bei der Trauerfeier darf geschmunzelt werden. Und auch Episoden aus dem Familienleben bleiben nicht verborgen. Von der Erdbestattung eines Regenwurms bis zur Verwandlung von Wasser in Eis.