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5. November 2023

Nachruf auf den Leipziger Bienenvater Helmar Kern

„Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied.“ Diese Redensart verwendet Helmar Kern gern, denn er es ist überzeugt: Wer Erfolg und Zufriedenheit erlangen möchte, darf nicht auf den Zufall oder allein auf die Hilfe anderer bauen. Vielmehr gilt es sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Und das tut Helmar sein Leben lang.
Nachruf auf den Leipziger Bienenvater Helmar Kern

Bienenfarm Kern, Honig, Leipzig, Helmar Kern, Nachruf, Wunschrede, Trauerfeier, Bestattung, Tod, Lebensrede, Wunschrede, Tobias HöhnDie Bienenfarm Kern im Leipziger Südwesten ist sein Baby, auch wenn Sohn Mario und Schwiegertochter Carmen dort längst die Geschicke führen. Es ist mittlerweile weit mehr als eine Imkerei, ein vielbesuchter Ort von Kindergärten und Uni-Studenten, am Wochenende werden in der selbst gebauten Scheune Hochzeiten gefeiert. Die Besucher hängen an Helmars Lippen, er ist ein guter Erzähler, wenn er auf seinem Stammplatz links vom Tresen der Schänke ins Schwärmen gerät über seine Bienen, deren Ordnung, die Anpassung an die Natur. Dann wird deutlich: Dieser Mann ist kein Theoretiker.

Dreher, Rundfunkmechaniker, Imker

Wer Helmars Lebenswerk in einem Nachruf ergründen will, muss weit zurückblättern. Geboren in einer Nacht des Bombenhagels in Wiesenthal an der Freiberger Mulde als Sohn eines Dachdeckers und einer Zigarrendreherin, lernt er früh zuhause mit anzupacken. Er genießt aber genauso seine Freiheiten, singt und spielt Zerrwanst und erfreut mit seinem Naturell vor allem Senioren. Mit acht Jahren ist er sich sicher: sein Traumjob ist Rundfunkmechaniker. Als es nach zehn Schuljahren damit doch nichts wird, lernt er zunächst Spitzendreher – ohne den Beruf jemals ausgeübt zu haben. Stattdessen verpflichtet er sich für drei Jahre zur Armee, weil er dort den heiß ersehnten Berufsabschluss erwerben kann. „Zielstrebig, nie ohne Plan, aber immer flexibel in der Umsetzung – das ist mein Vater“, sagt Mario anerkennend.

Helmar macht Karriere bei der Leipziger Robotron im Bereich Mikroelektronik, wird bald Abteilungsleiter und mehr und mehr an den Schreibtisch verbannt. „Er war immer froh, wenn ein Mitarbeiter ein Problem nicht lösen konnte und er raus konnte“, erzählt Mario. Auf dem Dach des Industriebaus am Leipziger Ring stellt Helmar sein erstes Bienenvolk auf – und schnell wird klar: Das ist seine neue Liebe.

Leipziger Bienen bestäuben Mecklenburg

Urne, Biene, Bienenstock, Graffiti, Bestattung, Trauerfeier, Helmar Kern, Leipzig, Sachsen, Imker, Tobias Höhn, Wunschrede, Freier Redner, TrauerrednerEr kündigt den gut dotierten Job mit Führungsfunktion, fängt als Hausmeister in einer Schule in Knauthain an. Viele Bekannte und Freunde schütteln den Kopf, aber Helmar hat wieder einen Plan: Der neue Job ermöglicht ihm Zeit für seine Bienen. Denn mit jedem Bienenvolk mehr wächst Helmars Begeisterung. In den 1980er Jahren hat er 100 Völker, arbeitet als nebenberuflicher Wanderimker. Was viele auch heute nicht wissen: Bienen sind nach Rind und Schwein das drittwichtigste Nutztier in Deutschland. Sie bestäuben 80 Prozent der Nutz- und Wildpflanzen. Ohne Bienen gäbe es viele Lebensmittel, Obst- und Gemüsesorten nicht.

Die DDR organisiert die Bestäubung generalstabsmäßig. Helmar wird ein Gebiet um Röbel an der Müritz zugewiesen, so dass er mit Frau Steffie, den Kindern Mario und René und seinen Bienen jeden Sommer gen Norden fährt. Geschlafen wird im Wanderwagen auf den Beuten, die Bienen tun ihren Job, die Kinder genießen die Sommerferien, dann geht es zurück nach Knauthain. Der Honig ist damals wie weißes Gold, ein Devisenbeschaffer. 1989 möchte er sich endlich selbständig machen, doch der Mauerfall macht die Pläne zunichte. Vorerst. Er nutzt die Chance, knüpft Kontakte nach Westdeutschland, erarbeitet ein Konzept zur Direktvermarktung und eröffnet 1992 einen Laden in Knauthain.

Schwarz-braune Lebensretter

Bienenfarm Kern, Honig, Leipzig, Helmar Kern, Nachruf, Wunschrede, Trauerfeier, Bestattung, Tod, Lebensrede, Wunschrede, Tobias HöhnMöglich ist all das nur, weil Ehefrau Steffie ihn unterstützt und mitzieht. Sie ist es, die dem Laden ein Gesicht gibt und Helmar Freiraum gibt, um bei seinen Bienen zu sein. „Er hat sein ganzes Leben den Bienen verschrieben. Es gab nichts Wichtigeres“, sagt Sohn Mario. Er ist längst in die Fußstapfen des Vaters getreten und weiß, was dies bedeutet.

Als Helmar 1995 eine Diagnose bekommt, die seine Lebenserwartung auf drei bis fünf Jahre reduziert, hört er auf die Schulmedizin, aber viel mehr vertraut er seinen Bienen. Er inhaliert die Luft des Bienenstocks mit all den ätherischen Ölen, Blütenfarbstoffen aus Honig, Pollen, Wachs und Propolis. „Die Bienen haben mir fast 30 Jahre geschenkt. Ich habe meinen Beruf geliebt, ich habe die Welt gesehen“, sagt Helmar vor seinem Tod. Die Bienen sind seine schwarz-braunen Lebensretter.

Sie schenken ihm Zeit, in der er nach Steffies Tod eine neue Partnerin findet. Mit Ursel bereist er die Welt und genießt das Leben. Und alle gönnen es ihm, dem Bienenvater. Er ist im Reinen mit sich, zufrieden und dankbar. Und zwischendurch sitzt er wieder an seinem Stammplatz auf der Bienenfarm und hat wieder einen seiner Sprüche parat: „Was einen nicht umbringt, macht einen stärker.“

Helmar ist sein Leben lang stark. Er schaut lebensmutig mit Ruhe und Präzision nach vorn, erzieht seine Kinder zur Selbständigkeit, strebt nach Perfektion und ist fleißig – wie seine Bienen. Sie summen weiter und erinnern an den Bienenvater. Am 16. August ist Helmar Kern gestorben. Seine Urne? Natürlich ein Bienenstock. Ein Zuhause.

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