Als erfahrener Trauerredner achte ich auch auf Details. Und so ist es ist mir gleich aufgefallen beim Vorgespräch, in der Schrankwand im Wohnzimmer: das RFT-Radio Carat. Gut gepflegt, natürlich betriebsbereit. Ein Schmuckstück, dem Dieters Aufmerksamkeit galt, so wie auch Fernsehern. Unterhaltungselektronik war seine Leidenschaft, sein Beruf, sein Leben. Heute wird Fernsehen gleichgesetzt mit Youtube, Netflix und Streaming to go – so heißt das, wenn die heute 20-Jährigen bewegte Bilder anschauen. Ein großes Gerät braucht es dafür nicht mehr im Zimmer, ein Handy oder Tablet reicht. Dass man aufstehen muss, um von Hand das Programm zu ändern – undenkbar.
Zu Dieters Zeit war das anders. Da war ein Röhrenfernseher ein Luxusartikel, der langsam die Wohnzimmer eroberte. Der Clou war aber die Antenne oben auf dem Dach, die genau verkabelt und ausgerichtet werden musste, um die „richtigen“ Fernsehsender einzufangen. Auch die jenseits der DDR-Grenze. Hier war Erfahrung und Akribie gefragt – genau der richtige Job für Dieter, den Elektromechaniker.
Und einfach in den Elektrofachmarkt gehen oder was zurückschicken, wenn es nicht funktioniert. Daran war nicht zu denken. Dann schon lieber bei Dieter und seiner Familie klingeln, egal, ob abends oder am Wochenende. Anrufen war nicht drin, denn zu DDR-Zeiten gab es kaum Telefone, also an der Haustüre. Und Dieter hat sich auf die Socken gemacht, um zu helfen. Und er hat es gerne getan. Dieter – ein Handwerker mit Leib und Seele, der seinen Beruf ernst nahm. Der auch zuhause gerne reparierte und tüftelte. Gelernt ist gelernt.
Das Farbfernsehen vergangener Jahrzehnte war auch ein Lebensgefühl – und für viele ein beliebter Freizeitsport. Dieter hingegen zog es weniger vor den Fernsehapparat, ihn interessierte die technische Komponente, das Programm eher weniger. In der Freizeit ging es für ihn und die Familie mit dem Camptourist und später mit dem Wohnwagen nach Mecklenburg, Plau am See, Alt-Schwerin. Seine zweite Heimat. Dieter war ein begeisterter Camper – und konnte auch Frau und Kinder dafür begeistern.
Fernsehen heißt auch Inszenierung. Da wird mit Licht getrickst, mit Make-up – und viele der der erzählten Geschichten sind nicht echt. Dieter war echt, authentisch. Er hat sich nicht verstellt, mitunter ein wenig grummelig und maulfaul, aber nie nachtragend. Und mit einem guten Essen auf dem Tisch war die Welt wieder in Ordnung.
Was unser Leben vom Fernsehen unterscheidet, es schließt nicht mit dem Happy End. Wir sind traurig. Es gibt Fragen, die offen bleiben. Und wir können nicht zurückspulen auf eine schöne Filmsequenz oder den Film anhalten. Das musste auch Dieter spüren. Aber in Plagwitz, so inmitten der Natur, auf einem Friedhof mit großen Namen, ist ein guter Platz. Der Parkfriedhof Plagwitz – eine Ruhestätte für Dieter, ein Ort zum Trauern, Erinnern und Hoffnung schöpfen für die Familie.
Jeder Abschied tut weh und ist dennoch ein wichtiger Meilenstein im Trauerprozess. In meinen Trauerfeiern spreche ich vor allem über das Leben. Wenn wir im Vorgespräch Jahre und Jahrzehnte Revue passieren lassen und dann daraus eine Trauerrede entsteht, die vielmehr eines ist: eine Lebensrede. Eine Rede über das Leben des Verstorbenen, eine kleine Zeitreise, manchmal eine Heldenreise, aber nie verklärend oder unpersönlich. Denn jeder hat eine gute Trauerrede verdient, einen Abschied mit Würde und ehrlichen Worten. Ganz egal, was er von Beruf war, ob Angestellter oder Azubi, Handwerker oder Hochschulprofessor, arm oder reich. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Danke für die gute Zusammenarbeit an das Bestattungsinstitut Bach.
Begleitet mich auf die größte Abenteuerreise – das Leben. Mit Humor und Tiefsinn. Ich erzähle – manchmal auch mit Gästen – von großen Festen wie Hochzeit, Taufe und natürlich auch Abschied. Die Trauerfeier, letzte Fest eines Menschen auf Erden. Bei all diesen Lebensereignissen spreche ich als freier Redner – als Wunschredner.
Und alle dieser Feierlichkeiten haben eines gemeinsam: Es geht um Leben, Lieben, Lachen.
Ja, auch bei der Trauerfeier darf geschmunzelt werden. Und auch Episoden aus dem Familienleben bleiben nicht verborgen. Von der Erdbestattung eines Regenwurms bis zur Verwandlung von Wasser in Eis.
