Die Macht der Liebe

Die Macht der Liebe, die Ohmacht der Liebe – als Trauredner und Trauerredner erlebe ich beides fast täglich. Grund genug für ein paar Gedanken über dieses starke Gefühl, das uns in jedem Lebensalter in seinen Bann zieht.
Vera F. Brinkenbihl kennen die wenigsten mit Namen, doch Abertausende sind im Netz schon über ihre Videos gestolpert. Ich auch. In einem Clip, der mir dieser Tage angezeigt wurde, sagt sie grob zusammengefasst: „Wer verliebt ist, sollte nicht heiraten.“ Ihr Argument: Die rosarote Brille verklärt.
Friedrich Schiller hat das einst so formuliert: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet, der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.“
Jetzt kann man das in den Karteikasten der Zitate für die nächste Feier im Familienkreis zurückstecken oder doch darüber nachdenken, ob die Sachbuchautorin des 21. und der Lyriker des 18. Jahrhunderts irgendwo doch recht haben. Als Trauredner formuliere ich es so: Liebst du den, den du liebst, wirklich?
Wohlgemerkt, ich bin Trauredner und Trauerredner, spreche auf Hochzeiten und Trauerfeiern. Immer geht es dabei um die Liebe in ihren unterschiedlichsten Formen.
Ich bin kein Beziehungscoach (außer für meine eigene Beziehung im learning-by-doing-style), kein Therapeut und keine Psychologe. Doch ich liebe (und werde hoffentlich geliebt), daher empfinde ich es als legitim, mich mit dieser Frage auseinanderzusetzen.
Wenn ich aus Traugesprächen und Trauergesprächen die Top-3-Liebesgründe herausstelle, dann sind dies:
Daraus lassen sich auch die größten Fehler ableiten: Nämlich den Status Quo als selbstverständlich zu nehmen. Zu verwalten statt zu gestalten. Das Kleinklein des Kalenders zu organisieren anstatt gemeinsam die Zukunft zu erobern. Sich um einen gut gefüllten Kühlschrank zu kümmern anstatt nach den Sternen zu greifen.
Ich bin überzeugt: Die Liebe wohnt in uns, wir müssen sie nur wecken und es zulassen.
Ich bin 45 Jahre alt, seit 14 Jahren verheiratet, und ich lerne immer noch. Gerade in einer Großfamilie wie der unseren gibt es immer wieder neue Situationen und Konstellationen. Als Hobbykoch und -bäcker suche ich immer nach Rezepten. So ein Rezept für die Liebe wäre gut.
Vor ein paar Monaten habe ich einen Witwer gefragt, dessen Ehefrau ich in einer Lebensfeier verabschieden sollte. Was ist sein Patentrezept für eine so lange Ehe (die beiden waren 65 Jahre verheiratet). Seine Antwort:
Zusammenhalten, gerade in solchen Momenten, wenn der andere einen braucht. Herausforderungen gemeinsam meistern und nach Lösungen suchen. Aufeinander zugehen, und auch mal zurückstecken.
Aus diesen Worten spricht Liebe. Nicht durch die rosarote Brille, sondern mit der Lebenserfahrung vieler Jahrzehnte Partnerschaft. Oder wie heute ein anderer Ehemann in einem Trauergespräch gesagt hat: „Gerade ihre Fehler haben sie so einzigartig gemacht, auch deswegen liebe ich sie.“
In der Bibel heißt es: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ (1 Korinther 13,13)
Mein Fazit: Liebe ist alles, ohne Liebe ist alles nichts. Liebe ist, was du daraus machst. Probier es aus! Liebe das Leben und lebe die Liebe!
(Fotos: Stephanie Bialecki, Freilichtfotografie)
Begleitet mich auf die größte Abenteuerreise – das Leben. Mit Humor und Tiefsinn. Ich erzähle – manchmal auch mit Gästen – von großen Festen wie Hochzeit, Taufe und natürlich auch Abschied. Die Trauerfeier, letzte Fest eines Menschen auf Erden. Bei all diesen Lebensereignissen spreche ich als freier Redner – als Wunschredner.
Und alle dieser Feierlichkeiten haben eines gemeinsam: Es geht um Leben, Lieben, Lachen.
Ja, auch bei der Trauerfeier darf geschmunzelt werden. Und auch Episoden aus dem Familienleben bleiben nicht verborgen. Von der Erdbestattung eines Regenwurms bis zur Verwandlung von Wasser in Eis.