Es gibt keine fröhlichen Abschiede, schon gar nicht am Lebensende. Denn die Trauer lässt sich nicht schönreden. Und das will ich als Trauerredner auch gar nicht. Mein Anliegen: Einen persönlichen Abschied gestalten, ganz individuell. Mit einer Rede, die den Menschen porträtiert. Eine Rede, die sein Wesen, seinen Charakter, sein Leben darstellt. Auf dass am Ende alle sagen: „Genau so war sie.” Ein Mensch aus der Mitte unserer Gesellschaft mit Stärken und Schwächen, Ecken und Kanten, Leidenschaften und und und. Und genau deshalb war sie etwas Besonderes. Einzigartig.
Jedes Trauergespräch beginnt mit einem weißem Blatt Papier. Oben stehen der Vor- und Nachname, darunter das Geburts- und Sterbedatum. Der Vorname reicht mir meist, denn ich kann in der Trauerfeier ja nicht über “Frau Meier” sprechen, wenn alle um ihre “Martina” trauern. Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum ich gerne Vornamen verwende. Weil ich tief in das Leben eines Menschen eintauche, an seiner Seite durch die Jahrzehnte schreite. Durch die Gespräche mit den Angehörigen Höhen und Tiefen nachvollziehe – und manchmal eine Gänsehaut bekomme. Geschichten, die einen fassungslos machen und demütig.
Es gibt keine fröhlichen Abschiede,
schon gar nicht am Lebensende.
Vor der Rede steht ein intensives Gespräch. Drei Dinge zeichnen dabei meine Herangehensweise aus:
Ich stehe gerne und oft auf dem Friedhof, im Friedwald oder an einer anderen Stätte, um eine Rede auf das Leben zu halten. Und immer begleiten mich zwei Dinge: Erstens das Vertrauen der Angehörigen, die mich meist nicht kennen, aber mir Vorschusslorbeeren in Form von Vertrauen schenken. Hinzu kommt, sie kennen bis zur Trauerfeier meine Rede nicht und lassen sich überraschen. Das ist – zweitens – auch eine hohe Bürde, denn ich weiß: Es gibt keine zweite Chance. Ich muss auf den Punkt genau abliefern. Es ist ein einzigartiger Moment, für den ich als zertifizierter Trauerredner die Verantwortung trage.
Genau das empfinde ich als wertvolles Geschenk! Dass ich jedes Mal auf’s Neue aufgeregt bin, gehört dazu. Denn keine Feier ist gleich. Und trotzdem kann ich die Ruhe bewahren, koordinieren, begleiten, Ängste nehmen und dann vor kleinem wie größerem Publikum die Trauerzeremonie gestalten.
Daher ist jede Rede ein Unikat. Basierend auf den Informationen aus dem Vorgespräch, Zitaten, Bildern und Erinnerungen schaffe ich eine Rede, die den Verstorbenen in unterschiedlichen Rollen charakterisiert. Eine Rede, die sein Tun und Denken deutlich macht. Ganz ohne die üblichen Friedhofsfloskeln, aber dafür nah am Menschen. Und auch wenn es keine fröhlichen Abschiede gibt, so wird dennoch oft geschmunzelt. Und zwar genau dann, wenn ich mit meinen Worten den Menschen so treffend porträtiere.
Manche Reden sind wie der Spaziergang über eine Sommerwiese mit demjenigen, den ich verabschiede. Andere sind wie eine Achterbahnfahrt oder der Flug eines Kranichs. Niemals abstrakt, immer konkret. Dazu gehört oft auch, dass die Trauergäste eine bleibende Erinnerung jenseits der Worte mitnehmen. Jüngst war es eine Origami-Kranich. Ein starkes Symbol des Lebens. Passend dazu der Spruch auf der Urne, ein wunderhübsches Seelengefäß: „Sei behütet, da sind Flügel, die dich tragen. Und alles, was die Seele ausmacht, bleibt am Leben.“
Begleitet mich auf die größte Abenteuerreise – das Leben. Mit Humor und Tiefsinn. Ich erzähle – manchmal auch mit Gästen – von großen Festen wie Hochzeit, Taufe und natürlich auch Abschied. Die Trauerfeier, letzte Fest eines Menschen auf Erden. Bei all diesen Lebensereignissen spreche ich als freier Redner – als Wunschredner.
Und alle dieser Feierlichkeiten haben eines gemeinsam: Es geht um Leben, Lieben, Lachen.
Ja, auch bei der Trauerfeier darf geschmunzelt werden. Und auch Episoden aus dem Familienleben bleiben nicht verborgen. Von der Erdbestattung eines Regenwurms bis zur Verwandlung von Wasser in Eis.