Trauerfeier im Friedwald – Natur pur

Oft wird es direkt artikuliert im Trauergespräch, manchmal ist es schlichtweg spürbar: Die Angst der Angehörigen und Freunde vor dem Tag der Beerdigung. Weil viel Wegbegleiter zusammenkommen, jeder mit einer eigenen Verbindung zum Verstorbenen. Weil es so endgültig ist, die Beisetzung. Weil die Hinterbliebenen gar nicht wissen, was sie erwartet. Umso wichtiger ist das Trauergespräch, das Vorgespräch zur Trauerfeier. Im Vorgespräch nehme ich mir vor allem Zeit, schaue nicht auf die Uhr. Wir entwickeln gemeinsam einen Ablauf, wir schauen nach der passenden Musik und hören uns in die Stücke rein, wir denken über ein Trauerritual nach und all das, was sonst noch passt. Was dem Verstorbenen gefallen hätte und den Hinterbliebenen Kraft gibt. Mein Ziel: Ich möchte gerne Mut machen in einer traurigen Lebenssituation. Und ich möchte die Angehörigen im Vorgespräch vorbereiten auf die Trauerfeier, ihnen den Schrecken nehmen und Halt geben.
Wer Menschen in der Trauer erreichen will, muss sie kennenlernen. Wenn auch nicht persönlich, dann über Gespräche mit den Angehörigen. Denn nur so kann meine Rede Menschen bewegen, erreichen, auffangen, vielleicht gar Kraft, Hoffnung und Mut spenden. Wer gut reden will, muss vor allem eines: genau zuhören. Denn nur so entstehen Reden aus dem Leben und über das Leben. Und genau hat jeder bei einer Trauerfeier verdient. Umso mehr freut mich dieses Feedback: “Sehr geehrter Herr Dr. Höhn! Ich und die Trauergemeinde möchten Ihnen ganz herzlich für die wirklich ergreifende Rede danken! Sie beinhaltete wirklich Trost und Gedenken! Nochmals vielen Dank.”
Angst in der Trauerphase ist mehrdimensional und nicht immer greifbar. Ganz konkret äußern viele aber die Furcht vor dem Gang auf den Friedhof. Unsicherheit, Beklommenheit, Respekt, Hemmung – das sind Wörter, die ich immer wieder in diesem Zusammenhang höre. Für die einen ist eine Bestattung auf dem Friedhofselbstverständlich. Der regelmäßige, vielleicht gar tägliche Gang ans Grab. Das Niederlassen auf einer Friedhofsbank, um mit dem Partner zu sprechen. Den Jahreszeiten entsprechend das Grab zu gestalten und einen Ort zu haben zum Trauern, zum Ratsuchen, zum Reden. Vor einigen Wochen habe ich einen Ehemann begleitet, der seine Frau nach mehr als 70 Jahren Ehe verabschiedet hat. Er war so tapfer. Ganz am Ende der Trauerfeier sagte er zu mir: “So schöne Worte hat noch keiner gefunden für meine Frau, nicht mal ich.” Dieser Tage habe ich ihn auf dem Friedhof wiedergetroffen. Der Gang zum Friedhof ist nun seine tägliche Motivation. Jahrelang hat er seine Frau gepflegt – und er ist weiter für sie da.
Aber es gibt auch einen Gegenentwurf zum Friedhof. Naturbestattungen im Wald. Für mich ein Ort der Freiheit und der Gleichheit. Die Trauerfeier findet nicht in einer Kapelle oder Trauerhalle statt, sondern unter freiem Himmel. Hier werden die Jahreszeiten erlebbar, die Natur spürbar. Mal bei Sonne, mal bei Wind, mal bei Regen. Und manchmal kommt auch alles während einer Trauerfeier zusammen. Gestört hat es bisher keinen, denn das gehört dazu. Das macht es echt und lebendig. Und wie oft durfte ich es erleben, dass zum Ende der Himmel aufgerissen ist und die Sonne herauskam oder zwei, drei Regentropfen von oben kamen. Was für eine Kommunikation zwischen Diesseits und Jenseits.
Das Schönste für mich am Friedwald ist aber, dass es hier um das Wesentliche geht. Keine großen Blumenbouquets, ein paar Blütenblätter reichen. Weniger edler Zwirn, funktionale Kleidung und sicheres Schuhwerk ist sinnvoller. Keine monumentalen Gedenksteine, sondern ein Baum mit einer schlichten Plakette. Darauf der Name, das Geburts- und Sterbejahr. Ein wahrer Ort zum Trauern. Und darüber hinaus 365 Tage im Jahr an 24 Stunden geöffnet. Ganz ohne Erwartungshaltung in Form von Grabpflege oder Blumengrüßen (was übrigens hier auch untersagt ist).
Als Trauerredner bin ich gerne im Friedwald, liebe die Atmosphäre und genieße die Ruhe. Auch weil es nicht so eng getaktet ist wie auf vielen städtischen Friedhöfen. Hier können die Trauergäste in Ruhe und Kontemplation loslassen. Die Trauerrede wird auch hier flankiert von Musik – entweder aus meinem Lautsprecher oder auch live. Gerne bringe ich Musiker an ganz unterschiedlichen Instrumenten und in unterschiedlichen Formationen mit. Der Sound des Friedwaldes ist so beruhigend. Und die Natur tut ihr Übriges, um Kraft zu spenden. Mal zwitschern die Vögel, mal rascheln die Blätter im Wind. Und wenn es den Kindern zu langweilig wird, können sie umhertollen, ohne dass sich jemand stört. Und das so wie vorige Woche auch barfuß.
Begleitet mich auf die größte Abenteuerreise – das Leben. Mit Humor und Tiefsinn. Ich erzähle – manchmal auch mit Gästen – von großen Festen wie Hochzeit, Taufe und natürlich auch Abschied. Die Trauerfeier, letzte Fest eines Menschen auf Erden. Bei all diesen Lebensereignissen spreche ich als freier Redner – als Wunschredner.
Und alle dieser Feierlichkeiten haben eines gemeinsam: Es geht um Leben, Lieben, Lachen.
Ja, auch bei der Trauerfeier darf geschmunzelt werden. Und auch Episoden aus dem Familienleben bleiben nicht verborgen. Von der Erdbestattung eines Regenwurms bis zur Verwandlung von Wasser in Eis.